Told Stories


Und dann müsste ich mehr sein


'Kind, wann fängst du endlich was mit deinem Leben an?'

fragen meine Eltern mal wieder, wie so oft schon zuvor.

Aber das ist es ja, ich fange so viel damit an.

Ich fange an zu Studieren, fange an Auszuziehen, fange an mich zu lösen.

Und höre wieder auf damit.

Ich fange von Vorne an.

Ich fange an zu Studieren, ja, zum zweiten Mal; nein ich bin nicht zu alt dafür.


'In deinem Alter war ich schon Ausgezogen und stand mit beiden Beinen im Berufsleben.'

In meinem Alter habe ich schon so viel versucht. Habe so viel ausprobiert. Finde mich nicht.

In meinem Alter habe ich eine Ausbildung gemacht, bin weit gereist, habe Städte bezogen und wieder verlassen, habe schon zweimal studiert.

Naja, zumindest damit angefangen.

In meinem Alter habe ich Liebe erfahren; Schmerz und Verlust.

In meinem Alter habe ich verstanden gehabt, dass ich kaputt bin,

und war zur Reperatur.

Und dabei habe ich gelernt, wenn ich dein Leben leben würde,

wäre ich nicht ich selbst.

Und dann müsste ich mehr sein - so viel mehr als ich bin.


'Du musst an die Zukunft denken!'

Ich denke an die Zukunft, nur so viel anders als ihr.

Ich sehe keine Bilderbuchfamilie mit Mann, Kindern, Haus und Garten.

Ich sehe einen Abenteuerroman, mit Frauen und Männern, und so viel dazwischen,

mit Orten die wechseln und die dennoch Zuhause sind.

Ich denke an eine Zukunft in der nichts sicher ist, weil nichts sicher sein kann.

In meiner Zukunft ist die Welt ein Scherbenhaufen mit Splittern aus Katastrophen,

aus Kriegen, aus Klimaerwärmung, aus Sozialsystemen die kollabieren und aus Träumen und Wunschvorstellungen, die nie sein werden.

Ich kann deine Zukunft leben, aber dann wäre ich nicht mehr ich.

Und dann müsste ich mehr sein - so viel mehr als ich bin.


Ich bin wer ich bin, und mir ist das genug.

Dir reicht das nicht und glaub mir, dessen bin ich mir durchaus bewusst.

Ich bin zu wenig und zu viel, 

zu falsch in den richtigen Momenten, und häufig zu richtig in den falschen.

Ich bin zu leise wenn ich für mich kämpfe, und zu laut wenn ich schweige.

Ich bin zu stark, zu stur, erwarte zu viel von der Welt um mich herum.

Ich gebe zu viel und nehme zu wenig. 

Bin nicht damit glücklich und dennoch zu stumm.

Ich bin wer ich bin, und mir ist das genug,

und um dir zu genügen, müsste ich so anders sein.

Und dann müsste ich mehr sein - so viel mehr als ich bin.


Ich sehe das alles und es tut auch weh;

Aber ich werde mich nicht aufgeben, auch nicht für dich.

Ich wär' gern dein Leben, aber dann wär' ich nicht ich.

Und dann müsste ich mehr sein - so viel mehr als ich bin.


Ich bin mit mir glücklich - so, wie ich bin.

mehr lesen 0 Kommentare

Hypothese


Wenn ich falle, dann fall ich allein.

Und wenn mein Körper dann endlich auf dem Boden aufschlägt, zerbreche ich.

Niemand da, der all meine Bruchstücke wieder zusammensetzt.

Zerschmettere all die Fragmente von mir, die einmal gefühlt, einmal geliebt und wieder einmal alles verloren haben.

 

Mein Blick in den Spiegel ist kalt und leer.

Keine Emotionen.

Glatt und kalt schaut der Spiegel zurück.

Keine Regung.

Wer ich bin, weiß ich nicht mehr.

Eine leere Hülle, wie mein Spiegel-Ich.

Silbrig schimmernd;

ohne Inhalt.

 

Ich war einmal ein Ich.

Stark, selbstständig, unabhängig.

Ich kann mich nicht erinnern, was passiert ist, dass ich mein Ich verloren habe.

Wie konnte es so weit kommen?

 

Wenn ich falle, dann fall ich allein.

Und wenn mein Körper dann endlich auf dem Boden aufschlägt, zerbreche ich.

Niemand da, der all meine Bruchstücke wieder zusammensetzt.

Zerschmettere all die Fragmente von mir, die einmal gefühlt, einmal geliebt und wieder einmal alles verloren haben.

 

Ich verliere mich in Menschen, löse mich in Beziehungen auf

Vergesse wer ich bin, um genau so zu sein, wie ich gebraucht werde.

Ein perfektes Puzzlestück in deinem Leben,

um nie zu verlieren was nicht meins ist,

nie meins sein wird.

Ich löse mich in dir auf, verliere mich in einem uns,

weiß nicht mehr, wer ich bin,

will niemand mehr sein.

 

Wenn ich falle, dann fall ich allein.

Und wenn mein Körper dann endlich auf dem Boden aufschlägt, zerbreche ich.

Niemand da, der all meine Bruchstücke wieder zusammensetzt.

Zerschmettere all die Fragmente von mir, die einmal gefühlt, einmal geliebt und wieder einmal alles verloren haben.

 

‘Wenn du fällst, dann fällst du nicht alleine‘ sagst du.

‘Ich bin für dich da, wenn du mich brauchst‘ versicherst du.

Ich glaube es dir,

dass du das möchtest.

Aber wie willst du mich retten, wenn du selbst direkt am Abgrund stehst,

gerade so noch die Kraft hast, DICH zu halten.

Ich verliere mich in dir, verliere den Halt und reiße mich von dir los,

will dich nicht mit mir in einen unendlichen Abgrund ziehen.

 

Wenn ich falle, dann fall ich allein.

Und wenn mein Körper dann endlich auf dem Boden aufschlägt, zerbreche ich.

Niemand da, der all meine Bruchstücke wieder zusammensetzt.

Zerschmettere all die Fragmente von mir, die einmal gefühlt, einmal geliebt und wieder einmal alles verloren haben.

 

 

mehr lesen 1 Kommentare

Morgen ist Heute schon vorbei


Als ich noch kleiner war, wollte ich immer größer werden.

 

Weil die Erwachsenen immer alles durften.

So viel Eis essen, wie sie wollten, so viel Cola trinken, wie wollten, so lange draußen bleiben, wie sie wollten.

Schlafen gehen, wann sie wollten.

Als ich noch kleiner war, wollte ich immer unbedingt größer werden.

Bis ich größer geworden bin.

Ich darf fast immer alles.

Ich darf so viel Eis essen, wie ich mit meinem Gewissen vereinbaren kann.

Ich darf so viel Cola trinken, wie ich noch mit meinem Schlafrhythmus in Einklang bringen kann.

Ich darf so lange draußen bleiben, wie ich mich alleine auf dunklen Straßen sicher fühle.

Ich darf Schlafen gehen, wann ich will, nur muss ich auch wieder aufstehen, wann mein Wecker will.

 

Als ich noch kleiner war, wollte ich immer größer werden.

Jetzt bin ich groß und ich will wieder Kind sein.

Ich will mir mehr Gedanken darüber machen, ob ich heute ein Baumhaus baue oder im Wald nach Elfen suche.

Ich will nicht darüber nachdenken, wann ich heute nach der Arbeit noch dazu komme, zu lernen.

Ich will ohne irgendwelche Gedanken mein Eis essen und meine Cola trinken.

Ich will nicht von einer kleinen leisen Stimme in meinem Kopf angeschrien werden, dass Zucker scheiße ist und ich das nicht essen sollte, wenn ich fette Kuh nicht weiter aufgehen will wie ein Hefeteigklumpen.

Ich will so viel Zeit haben, dass ich mich nicht entscheiden kann, mit wem ich mich wann zum Spielen treffe.

Ich will nicht durch meinen Kalender blättern, auf der Suche nach ein paar Stunden Zeit, die ich neben der Arbeit nehmen kann, um noch zu Leben.

 

Ich lebe, um zu arbeiten und ich arbeite, um zu leben, und das kostet mich Zeit, die ich nicht habe.

Zeit ist kostbar und als Kind war mir das nie bewusst.

Morgen ist Heute schon vorbei und Gestern ist auch schon wieder viel zu schnell vergangen.

Die Zeit rennt und ich renne atemlos hinterher.

Ich sollte so vieles schon erledigt haben, so vieles schon erreicht haben, aber ich sehe keine Ziellinie.

Ich renne und renne, aber alles scheint für immer unerreichbar.

 

Als ich noch kleiner war, wollte ich immer groß werden.

Weil die Erwachsenen immer alles durften.

Jetzt bin ich erwachsen.

Ich bin zu erwachsen um zu Leben.

 

 

Morgen ist Heute schon vorbei, und noch immer habe ich nichts erreicht.

mehr lesen 4 Kommentare

Wenn alles vorbei ist


Schritt eins: Rückzug

 

 

Deine Nummer hat keinen Namen mehr, dein Kontakt existiert nicht mehr.
Deine Nachrichten sind noch da, ich hab sie sicher im Archiv verschlossen;
noch nicht bereit sie endgültig zu vergessen.
Wir waren nicht immer schlecht, nicht immer toxisch, nicht immer kaputt.
Das will ich nicht verleugnen.

 

Du stehst in der Tür, machst keinen Schritt zurück, aber auch keinen nach vorne.
Ich bewundere deine Stärke, meine Entscheidungen zu respektieren.
Aber es verletzt mich, dass du nicht um mich kämpfst.
Mein Gefühl der Irrelevanz wächst, ich drehe mich um, ertrage es nicht mehr.

 

[Fortschritt speichern]

 

Schritt zwei: Selbstschutz

 

Ich meide alles, was mit dir zu tun hat.
Menschen, die ich mit dir verbinde, verletzten mich genauso wie du es tust.
Ich reiße alle Brücken ab, baue meine Burg, ziehe Gräben so breit wie der Atlantik darum.
Ich lass dich nicht mehr an mich ran, ich sperre alles aus was mich zerstört.

 

Dir geht es scheinbar gut.
Ich weiß es, obwohl ich es nicht wissen kann.
Ich will eigentlich gar nicht wissen, wie es dir geht.
Wenn es dir schlecht geht, und ich das weiß, bin ich wieder genau da, wo ich vorher war.
Eine Spirale nach unten, mit Schuld, Angst und Dunkelheit.

 

Wenn es dir gut geht, und ich das weiß, dann geht es dir gut ohne mich.
Für dich bin ich irrelevant, austauschbar, kein Verlust, jemand von vielen.
Ich will nicht wissen, wie es dir geht.

 

[Fortschritt speichern]

 

Schritt drei: Aufgeben

 

Ich lass dich hinter mir, renne weg vor all den Emotionen, verschließe mich vor Gefühlen, verdränge alles.
Mein neuer Fokus bin ich.
Mein Leben ist aus dem Ruder gelaufen, und auch wenn es nicht deine Schuld ist,
ohne dich fällt es mir leichter mich zu retten.
Ich sehe mich, erkenne mich, gebe mir Raum und bin glücklich.
Einfach wieder glücklich.
Ich bin stärker als das!

 

[Fortschritt speichern]

 

Schritt vier: Wenn alles vorbei ist

 

 

[Fortschritt noch nicht ausreichend zum Speichern] 

 

 

mehr lesen 0 Kommentare

Bilder an der Wand


Mein Raum besteht aus vier Wänden, eine mit Tür, eine mit Fenster.

Ein kleiner Kubus mit zwei Öffnungen.

Zwei Wände, die nur so rumstehen.

Trostlos, für sich allein, traurig und leer.

Ich hänge Bilder an diese Wand, Bilder von uns, Bilder aus einer glücklichen Vergangenheit.

 

Wenn ich uns betrachte, dann sind wir Bilder an der Wand.

Zusammen an Orten, die wir gemeinsam erkunden,

lachend in die Ferne blickend, aus längst vergangenen Momenten, schauen wir mir entgegen.

Ich kann die Stille kaum noch ertragen, will sie füllen mit den Gesprächen, die wir hatten,

als sie aufgenommen wurden, die Bilder an der Wand.

 

Wir sind Bilder an der Wand und manchmal, nur manchmal, schaust du sie an.

Sie hängen nicht an deiner Wand und das scheint dich nicht zu stören,

gefangen in deinem dunkeln Zimmer siehst du nur ein kleines Fenster, und das lässt dich nicht los.

Leuchtend bunte Farben, bewegende Bilder und totale Isolation.

Dein Raum hat keine Wände, keine Tür und kein Fenster, dein Raum ist nicht real.

Ein Meer aus Binärcode schwemmt dich weg von der Realität, von deinen Gefühlen, von deinen Emotionen.

weg von Uns.

 

Wir sind Bilder an der Wand und jeden Tag schaue ich sie an.

Vermisse dich und was wir waren.

Verfluche mich dafür, daran zu glauben, dass wir sein können, was wir sein wollen und

verdamme was wir hätten werden können.

 

Stück für Stück gebe ich dir mein Herz, schicke ich dir Teile meiner Seele, löse mich in dir auf und verliere mich ein einem Uns, dass kein Gleichgewicht mehr kennt.

 

In dir zu Ertrinken, lässt mich atmen, lässt mich ersticken, befreit mich von meinen Dämonen und erdrückt mich mit deiner Dunkelheit, die mein Licht geworden ist.

 

Wir verbleichen und bleiben doch bestehen, wir sind eine Erinnerung an längst vergangene Zeiten und hängen für immer

untrennbar

zusammen.

 

 

Bilder an der Wand.

2 Kommentare